Ausgewählte Fallstudien (2)                                                   Einwirkungen auf Menschen und Gebäude

6. Bombensprengung in Birkenwerder - (Experimentalmessung - 2008)

In der Gemeinde Birkenwerder war südöstlich der Havelstraße in einer Tiefe von 1.20 m unter der Geländeoberfläche eine 250-kg-Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg gefunden worden. Weil diese mit einem, bereits stark korrodierten chemischen Zünder versehen war konnte sie nicht entschärft werden sondern mußte vor Ort durch Sprengung beseitigt werden.

Sie war vor der Sprengung mit 86, jeweils ca. 250 kg schweren Strohrollen abgedeckt worden, auf denen eine Erdpyramide aufgeschüttet worden war. Auch die unmittelbar benachbarten Gebäude waren mit Strohrollen abgeschirmt worden. Im Abstand von ca. 10 m um den Sprengkörper war ein U-förmiger Druckentlastungsgraben ausgehoben worden, der ebenfalls mit Strohrollen gefüllt wurde.

Zur Erfassung der Sprengerschütterungen wurde ein flächenhaftes Sensorfeld mit sieben triaxialen Geophonen an den benachbarten Gebäuden aufgebaut. Das Schwingungsmesssystem (Big-M, INSEL 24) wurde in einem splittersicheren Kellerraum aufgestellt.

Nachdem die Umgebung - bis auf unseren Messtrupp weiträumig (1 km) evakuiert worden war erfolgte die Sprengung mit zwei aufgesetzten Ladungen von je je 400 Gramm Sprengstoff durch Fernzündung.

Drei Sekunden vor der Zündung war über telefonischen Countdown zwischen Sprengmeister und Mesingenieur der Messcomputer für eine Hochgeschwindigkeitsaufzeichnung gestartet worden. Nach 34 ms traf die Erschütterungswelle nahezu gleichzeitig an den am nächsten gelegenen Messstellen ein und nach 73 ms an der am weitesten entfernten Messstelle. Die dort von den Messwandlern erzeugten Spannungssignale wurden vom Messcomputer multiplex mit einer Abtastfrequenz von 400 Hz gesampelt, verarbeitet und gespeichert. Nach ca. 1.5 s war das Erschütterungssignal auf weniger als 1 mm/s abgeklungen. Die Aufzeichnung wurde 20 s nach der Sprengung beendet.

Als Frequenz der Bodenschwingungen wurde durch Fourieranalyse ein Wert von 5 Hz ermittelt. Weil die in der Nachbarschaft befindlichen Gebäude vorwiegend Einfamilienhäuser sind, ergab sich damit nach DIN 4150-3 ein Anhaltswert von 5.0 mm/s.

Die flächenhafte Auswertung der Messergebnisse zeigte, dass die Schwinggeschwindigkeit der Erschütterungswelle den Anhaltswert bis zu einer Entfernung von 140 m überschritt, wobei die dynamische Belastung der am nächsten gelegenen Gebäude bis zu 140 % betrug.

Entsprechend der Feststellung in DIN 4150-3, 4.2: "Werden die Anhaltswerte überschritten, so folgt daraus nicht, dass Schäden auftreten müssen. Bei Überschreitungen sind gegebenenfalls weitergehende Untersuchungen erfoderlich" wurde für die betreffenden 32 Einfamilienhäuser und z.T. massiven Nebengebäude ein Befundvergleich mit dem Protokoll der vor der Sprengung durchgeführten Optischen Beweissicherung vorgenommen. Mit Ausnahme einer gesprungenen Glasscheibe in der nur 27 m entfernten Tür des  Vereinsgebäudes des SV “Grün-Weiß" waren keine neuen Schäden entstanden.

Mit Strohballen und Erde abgedeckte Sprengstelle. Im Hintergrund das nur 27 m entfernte Vereinsgebäude des SV “Grün-Weiß” Birkenwerder e.V.
Countdown im 120 m entfernten Kelleraum.

Unbewertetes Erschütterungssignal (maximale Schwinggeschwindigkeit) am fundamentnahen Mauerwerk benachbarter Gebäude.

Ausbreitung der Erschütterungswelle in die Umgebung des Sprengortes. Die verstärkte rote Linie kennzeichnet den Anhaltswert von 5.0 mm/s.

 Bei Maßnahmen, die voraussichtlich mit starken Erschütterungen verbunden sein werden, ist zur vollständigen Beweissicherung eine detaillierte Befunddokumentation des Bestandes erforderlich.


7. Neubau: Zentrum für Pharmakologie, Pharmazie und Experimentelle Therapie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald                                    (Baubegleitende Erschütterungsmessungen - 2009)

Für den Neubau der Institute für Pharmazie und Pharmakologie der E.-M.-Arndt Universität Greifswald musste das Gründungspolster in der anfangs 6 m tiefen Baugrube mit einer leistungsfähigen Vibrationswalze (PowerPac PPW 600 D) verdichtet werden. Die dabei erzeugten Erschütterungen waren in der Umgebung gut spürbar und der Eigentümer eines in 34 m Entfernung befindlichen Wohnhauses richtete an den Bauherrn eine Schadensanzeige: „Als mit der Walze der Boden verdichtet wurde  war zu spüren, daß das ganze Haus über einen längeren Zeitraum schwingt und das Klirren der Tassen und Gläser im Schrank war zu hören. Am Haus sind Risse im Putz entstanden und im Keller ist ein Teil des Putzes abgefallen. Auf dem Dachboden ist stellenweise das Mörtelbett zwischen den Ziegeln herausgebröckelt und herabgefallen."

Die Messung der Schwinggeschwindigkeit ergab z.B. während eines 16 Minuten dauernden Verdichtungszuges am benachbarten Nordrand der Baugrube für das fundamentnahe Mauerwerk einen Maximalwert des unbewerten Erschütterungssignals von 0.35 mm/s. Der einzuhaltende Anhaltswert beträgt 7.25 mm/s. In dem im Obergeschoss liegenden Wohnzimmer wurden in Deckenmitte Vertikalschnwingungen von maximal 3.50 mm/s und Horizontalschwingungen von maximal 1.89 mm/s erfasst. Der, in diesem Falle für Dauerschwingungen anzusetzende Anhaltswert beträgt 5.0 mm/s.

Weil auch bei den weiteren Kontrollmessungen keine Überschreitungen der Anhaltswerte auftraten, war auszuschließen, dass die angezeigten Schäden ursächlich durch die Verdichtungsarbeiten verursacht wurden. Das wurde durch den Befundvergleich mit der vor Beginn der Bauarbeiten durchgeführten Optischen Beweissicherung bestätigt.

Unter Berücksichtigung der Einwirkung der Erschütterungen auf Menschen in Gebäuden ist die Reaktion des Eigentümers jedoch verständlich. Im Verlaufe der Verdichtungsarbeiten am 31.07.2009 wurde z.B. im Wohnzimmer ein Werte der maximalen bewerteten Schwingstärke von KBFmax = 1.9 ermittelt. Die entsprechende subjektive Wahrnehmung ist als "stark spürbar" einzustufen. Der Obere Immissionswert IWBo von KBFmax = 5.0 wurde zwar eingehalten. Aber der Untere Emissionswert IWBu von KBFmax.= 1.2 (für eine Bauzeit von 6 bis 26 Tage) wurde für die Stufe III überschritten, was als erhebliche Belästigungen im Sinne der Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes zu bewerten ist.

Schwinggeschwindigkeit [mm/s] am fundamentnahen Mauerwerk im Keller (oben) und im Obergeschoss des benachbarten Wohnhauses. Die Maxima der rot dargestellten Vertikalschwingungen entstanden jeweils bei Fahrtrichtungsänderungen der Walze.


Zahlreiche Mikrorisse (0.1 bis 0.3 mm) in der Putzschale als Baumangel infolge der unangepassten Zusammensetzung und Konsistenz der Putzmasse.

Die endgültige Bewertung der Einhaltung der Anforderungen an den Immissionsschutz durch Ermittlung der Beurteilungs-Schwingstärke KBFTr war mit dem beauftragten Untersuchungsumfang nicht möglich. Da die, in DIN 4150-2, Abschnitt 6.4 angeführten Maßnahmen zur Beschränkung der "unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß" durchgeführt wurden, nämlich insbesondere die Punkte 5 (Nachweis der tatsächlich auftretenden Erschütterungen durch Messungen sowie deren Beurteilung bezüglich der Einwirkungen auf Menschen und Gebäude) und 6 (Nachweis des Nichtenstehens von Gebäudeschäden durch Beweissicherung) ist jedoch davon auszugehen, daß keine unzumutbare Belästigungen im Sinne der Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes durch die Bauarbeiten vorlagen.


8. Erschütterungsmessungen am Pumpwerk Marienstraße                                der Abwasserwerke Greifswald (Experimentalmesung - 2011)

Nach der Erneuerung des Abwasserpumpwerks im Jahr 2010 hatte ein Wohngseigenümer im 10 m entfernten, denkmal- geschützten Wohnhaus Beschwerde geführt, weil in seiner Wohnung stark spürbare Erschütterungen auftraten.

Als Erschütterungsquellen sind fünf Blockpumpen wirksam, die sich auf der untersten Ebene des Pumpwerks in ca. 8 m Tiefe unter der Geländeoberfläche befinden und schwingungs- gedämpft auf 45 cm hohe Betonfundamente montiert sind. Es handelt sich um 2 Trockenwetterpumpen mit einer Förderleistung von jeweils 100 l/s, die von 55 kW-E-Motoren angetrieben werden und 3 Regenwetterpumpen mit einer Förderleistung von jeweils 200 l/s, die von 132 kW-E-Motoren angetrieben werden. Die Pumpen können einzeln oder als Paare betrieben werden. Die Pumpenleistung wird über die Betriebsfrequenz der Elektromotoren gesteuert, die von maximal 50 Hz stufenlos abwärts variiert werden kann, wobei ein Minimum von 35 Hz zur Vermeidung von Verstopfungen nicht unterschritten werden soll. im Regelfall erfolgt die Auswahl der Art und Anzahl der gleichzeitig laufenden Pumpen sowie der jeweiligen Betriebsfrequenzen vollautomatisch in Abhängigkeit von der im Sammler anfallenden Abwasser-menge.

Für die Experimentalmessung wurden 22 unterschiedliche  Betriebszustände per Handsteuerung eingestellt und die dabei erzeugten Erschütterungen in zwei Immissionsbereichen über Zeitintervalle von 3 bis 10 Minuten an insgesamt 12 Messstellen mit 32 Registrierkanälen aufgezeichnet.

Im Pumpwerk (Immissionsbereich 1) traten die stärksten Erschütterungen beim gleichzeitigen Betrieb der Regenwasserpumpen 1 und 2 als horizontale Schwingungen senkrecht zur Pumpenachse auf und zwar bei der geringsten Leistungsaufnahme der Elektromotoren (35 Hz). Dabei wurden, bei deutlich erkennbaren Schwebungen auf der Rohrdurch- führung zum Regensammler Schwinggeschwindigkeitswerte zwischen 13 und 25 mm/s und in der Anlaufphase  von Pumpe 2 sogar ein Spitzenwert von 45.3 mm/s gemessen.  Für die Stahlrohre gilt jedoch ein Anhaltswert von 50 mm/s.

An dem sehr massiven Fundament blieb der Maximalwert unter 0.5 mm/s, bei einem Anhaltswert von 32.5 mm/s.

Demnach werden die Pumpenschwingungen nicht durch das Fundament, sondern über die 8 m tief hinabreichende Trennwand zwischen Pumpenraum und  Regenwassersammler auf die Umgebung übertragen.







Unbewertete Erschütterungssignale auf den Rohrdurchführungen der Regenwasserpumpen 1 und 2 im gleichzeitigen Betrieb mit 35 Hz.







Schwinggeschwindikeitsamplitiude im Immissionsbereich 2 (links) und Leistungsspekrten (rechts).

Im Wohnhaus (Immissionsbereich 2) wurden am Fundament nur Schwinggeschwindigkeitswerte bis 0.2 mm/s bei einem Anhaltswert von 4.0 mm/s (für 7.5 Hz) gemessen, so dass eine Schädigung des denkmalgeschützten Gebäudes ausgeschlossen werden kann. In dem, direkt an der Außenwand in Richtung Pumpwerk gelegenen Wohnzimmer des Beschwerdeführenden betrug das Maximum des Unbewerteten Erschütterungssignals am Fußboden 0.93 mm/s (Anhaltswert: 2.5 mm/s), so dass erschütterungsbedingte Schäden ebenfalls auszuschließen waren.

Der für die Beurteilung auf Menschen in Gebäuden grundlegende Wert der maximalen bewerteten Schwingstärke KBFmax, der beim gleichzeitigen Betrieb der Regenwasserpumpen 1 und 2  einen Wert von 0.51 erreichte, überstieg jedoch den Unteren Anhaltswert für den Tagzeitraum von 0.15 um 250 % und für den Nachtzeitraum (Au = 0.1) sogar um 400 %. Weil die subjektive Fühlschwelle bei KB Fmax = 0.1 liegt, war die Reaktion des Wohnungseigentümers durchaus verständlich.

Für die endgültige Beurteilung, ob der Betrieb des Pumpwerkes den Anforderungen an den Immissionsschutz entspricht, müsste die Beurteilungs-Schwingstärke KBFtr ermittelt werden. Das ist jedoch im vorliegenden Falle nicht möglich, weil die störenden Schwingungen nur selten in zufälliger Folge bei starken Niederschlägen auftreten.

Als Kompromisslösung wurde dem Auftraggeber empfohlen, im automatischen Regelbetrieb nur die Regenwasserpumpen 2 und 3 zu nutzen und die Pumpe 1 als Havariereserve vorzuhalten. Der dabei auftretende KBFmax-Wert beträgt nur 0.2. Danach ist zu erwarten, dass der nur selten stattfindende gemeinsame Betrieb dieser beiden Pumpen zu einer zumutbaren, seltenen, geringen Belästigung führt.


9. Sturmflutschutz: Sperrwerk Greifswald-Wieck (Kontrollmessungen - 2011)

Als Maßnahme vorrangiger Dringlichkeit des Generalplans Küsten- und Hochwasserschutz Mecklenburg-Vorpommern wurde an der Mündung des Ryck in Greifswald-Wieck ein Sperrwerk für den Hochwasserschutz errichtet, das ab einem Wasserstand von +0,75 m NHN vor Sturmfluten bis zu einem Bemessungshochwasser von +3,05 m NHN schützt. 

Kernstück der Anlage bildet der 21 m breite Hauptverschluss, welcher als Drehsegment ausgebildet wird. Die Nebenöffnungen werden je Seite mit 17 m breiten Schiebetoren verschlossen. Sämtliche Verschlüsse sind im geöffneten Zustand nicht sichtbar. Das Drehsegment ruht in einer Mulde auf der Sohle. Die Schiebetore werden in Kammern im Deich versteckt, die erforderlichen Not- und Revisionsverschlüsse in Gruben am und im Deich gelagert.  

Für die Gründung und Sicherung der Stahlwasserbauarbeiten war ein ausgedehntes Netz von Spundwänden zu errichten, nämlich die Erneuerung der Uferspundwände, die Einfassung der mitten im Fluss gelegenen Baugrube einschließlich der Fangedämme, die Errichtung der Deichanschlüsse und die Gründung der Betriebsgebäude.

Die, bis zu 17.35 m langen Spundbohlen wurden mit einem Müller-Vibrator MS-40 HVF bis auf die letzten 2 m einvibriert und dann mit einer Hydraulikramme BSP 357-9 HH7 (ThyssenKrupp Steelcom) auf die endgültige Tiefe gerammt.

Diese Arbeiten wurden durch ein umfangreiches, komplexes Beweissicherungsprogramm begleitet, das neben der optischen Beweissicherung von 42 Objekten  Setzungs- und Neigungsmessungen  und dem Aufbau und Betrieb einer Monitoringanlage für die Messung und Beurteilung baubedingter Schallimmissionen vor allem die Prognose, meßtechnische Kontrolle und Beurteilung baubedingter Erschütterungsimmissionen an 26 Rammtagen umfasste.

Hohe dynamische Belastung der Umgebung verursachten hauptsächlich die niederfrequenten Rammschläge, die in den nahegelegenen Gebäuden einzeln und belästigend spürbar waren und bei einem Abstand zur Spundbohle unter 25 m gelegentlich den unteren Anhaltswert der Stufe III (KBFmax = 0.6) überschritten, war nach DIN 4150-2 als "unzumutbare" Einwirkung zu bewerten ist. Das war besonders dann der Fall, wenn einzelne Spundbohlen  auf Geschiebeblöcke an der Oberfläche des Geschiebemergels auftrafen.

Hinsichtlich der Einwirkung der Rammschläge auf bauliche Anlagen wurde der betreffende Anhaltswert nach DIN 4150-3 bereits in 3 m Abstand von der Spundbohle unterschritten. Hier befanden sich keine Gebäudefundamente.

In bereits destabilisierten bzw. teilweise unterspülten Partien der Kaimauer bzw. der dahinter befindlichen Verkehrsfläche konnten die kräftigen Rammschläge jedoch in der noch nicht gesicherten näheren Umgebung Sackungen und Verschiebungen bewirken.

Die Arbeiten mit dem Vibrator waren überall auf der ausgedehnten Baustelle ohne schädliche bzw. belästigende Erschütterungseinwirkungen.

Zu einer wesenlich größeren schädliche Umweltbelastung führte die Schallemission der eingesetzten Baumaschinen.







Schwinggeschwindikeitsamplitiude der Rammschläge (links)  und Leistungsspekrten (rechts) im benachbarten Wohnhaus.

Abhängigkeit der Schwinggeschwindigkeit (links) und der maximalen bewerteten Schwingstärke (rechts) der Rammschläge von der Entfernung zur Spundbohle. Die roten Linien entsprechen den Anhaltswerten nach DIN 4150-2 und einer Bauzeit von 26 bis 78 Tagen










Erschütterungsinduzierte Sackung einer teilweise unterspülten Kaimauer.


10. U-Bahnhof: Rotes Rathaus, Berlin                                           (Baubegleitende Dauerüberwachung- 2013)

Im Rahmen der Bauarbeiten zum Lückenschluss der Linie U5  wurde 2013 bis 2017 unmittelbar vor dem Roten Rathaus unter der Rathausstraße  ein 120 Meter langer Umsteigebahnhof  errichtet. Weil die langwierigen Arbeiten zum Bau des Tunnels und der unter- und oberirdischen Bahnhofsanlagen, Treppen, Aufzüge usw. nicht ohne baubedingte Erschütterungen ablaufen würden, die in den höheren Abschnitten des denkmal-geschützen Rauthauses möglicherweise bedenkliche Resonanzschwingungen auslösen könnten war eine baubegleitende erschütterungstechnische Dauerüberwachung erforderlich.

Dazu wurde eine automatische Monitoringanlage mit einer Messstelle im Turm und drei Messstellen im Dachgeschoss installiert, die die Gebäudeschwingungen in drei Raumrichtungen erfassten.

Im Dauerbetrieb der Monitoringanlage wurden zwei Betriebszustände realisiert: Mit der Hintergrundmessung wurden die unbewerteten Taktmaximalpegel für einen 10- Sekunden-Takt aufgezeichnet. Die Ergebnisse wurden, getrennt für den Tagzeitraum (06:00 bis 22:00 Uhr) und den Nachtzeitraum (22:00 bis 06:00 Uhr) jeweils in einer Datei gespeichert. Weiterhin erfolgte immer dann eine 16 s lange Vollaufzeichnung der unbewerteten Erschütterungssignale, wenn deren Maxima an den Messtellen 2 und 3 gleichzeitig die voreingestellte Triggerschwelle von 2 mm/s (entspricht 67 % des Anhaltswertes) überschritt.

Der Messcomputer der Monitoringanlage (Beitzer-System 9800U-2) war mit einem Router DWR-921 (D-Link GmbH) über das Funktelefonnetz mit dem Internet verbunden und nach Kopplung mit einem Bürocomputer konnten mit dem Fernsteuerprogramm TeamViewer sowohl die aufgezeichneten Messwertedateien abgerufen als auch die Einstellungen des Messcomputers verändert werden.

Zusätzlich konnte bei Erschütterungsereignissen, die den Anhaltswert überschritten ein Alarm ausgelöst und dem verantwortlichen Bauleiter per SMS übermittelt werden.

Baubedingte Erschütterungen, die den Anhaltswert von 3 mm/s überschritten, traten während des gesamten Bauzeitraums nicht auf. Durch Koinzidenzanalyse der Registrierkanäle wurde nachgewiesen, dass kurze, impulsartige Erschütterungen über 3 mm/s stets durch unmittelbare Einwirkung auf die Sensoren aus sehr geringer Entfernung (z.B. durch Raumreinigung) verursacht wurden.

























11. Hochwasserschutz: Polder 14 - Hamburg  Neuhof-Süd                        (Baubegleitende Dauerüberwachung -  2016)

Zum Schutz des Areals Neuhof Süd - Vopak/Dupeg Tank- Terminal im Hamburger Ölhafen vor Hochwasser wurde eine 2150 m lange Polderwand in Spundwandbauweise errichtet. Die bis 17 m langen Spundbohlen wurden mit einer Vibrations- ramme MS 24 HFV eingerüttelt.

Zur Überwachung der dynamischen Belastung der an die Baustelle angrenzenden zahlreichen Tankbehälter, einschließlich ihrer Betonfundamente wurde  im Zeitraum 18.KW bis 21.KW 2016 eine erschütterungstechnische Dauerüberwachung durchgeführt.

Die Erfassung der baubedingten Erschütterungen erfolgte mit vier Geophone, die auf den Fundamenten und auf dem Tankdeckel aufgestellt wurden und mit dem Baufortschritt jeweils zu dem Tankbehälter umgesetzt wurden, der zur aktuell einzubringenden Spundbohle den geringsten Abstand hatte.

Während des Bauzeitraums wurden die Sekundentaktmaxima der Schwinggeschwindigkeit täglich im Zeitraum von 06:00 bis 17:00 Uhr mit dem Schwingungsmesssystem (Beitzer 9800U-2)
gemessen und gespeichert. Die Auswertung erfolgte wöchentlich.

Auf Grund der, für den eingesetzten Vibrator gemessenen Freuenz von 36 Hz wurde für die Tankbehälter und deren Fundamente nach DIN 4150-3 der für Industriegebäude geltende  Anhaltswert von 33 mm/s angesetzt.

Mit der detaillierten Auswertung wurde nachgewiesen dass dieser Anhaltswert während des gesamten Bauzeitraums nicht überschritten wurde. Die gemessenen Sekundentaktmaxima erreichten im Extremfall 73,2 % des Anhaltswerts. Demnach waren Schäden an den Tankbehältern und ihren Fundamenten durch Erschütterungseinwirkung der betreffenden Bauarbeiten auszuschließen.